Über 20 Millionen Oxycodon-Verschreibungen werden jedes Jahr in Deutschland ausgestellt – ein alarmierender Wert, der die weitreichende Bedeutung dieses hochwirksamen Schmerzmittels unterstreicht. Oxycodon gehört zur Gruppe der Opioide und entfaltet seine starke schmerzlindernde Wirkung durch Bindung an Opioidrezeptoren im Gehirn und Rückenmark. Mit einer etwa doppelt so hohen Potenz wie Morphin kann es bei verschiedensten Schmerzformen wie neuropathischen Schmerzen, Krebsschmerzen oder postoperativen Beschwerden eingesetzt werden. Allerdings birgt der Einsatz von Oxycodon auch ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen und Abhängigkeitsentwicklung.
Was ist Oxycodon?
Oxycodon gehört zur Gruppe der Opioide, die synthetisch hergestellte Schmerzmittel sind. Opiate hingegen sind natürlichen Ursprungs und werden aus dem Schlafmohn gewonnen, wie beispielsweise Morphin und Codein. Oxycodon ist ein Dihydroderivat des Morphins und hat eine ähnliche chemische Struktur.
Opioide vs. Opiate
Opioide sind synthetisch hergestellte Schmerzmittel, während Opiate natürlichen Ursprungs sind und aus dem Schlafmohn gewonnen werden. Oxycodon zählt zu den Opioiden und ist mit Morphin und Codein verwandt.
Chemische Struktur von Oxycodon
Die chemische Struktur von Oxycodon ähnelt der von Morphin, da es sich ebenfalls um ein Derivat des Opiums handelt. Oxycodon besitzt zusätzlich eine Hydroxygruppe an Position 14, was zu einer etwas stärkeren analgetischen Wirkung im Vergleich zu Morphin führt.
Wie wirkt Oxycodon?
Oxycodon entfaltet seine Wirkung als Opioid-Agonist, indem es an μ-, κ- und δ-Opioidrezeptoren in Gehirn und Rückenmark bindet. Durch diese Aktivierung der Opioidrezeptoren wird die Weiterleitung von Schmerzsignalen im Zentralnervensystem gehemmt und eine analgetische, also schmerzlindernde Wirkung erzielt. Zusätzlich kann Oxycodon auch sedierend und angstlösend wirken.
Bindung an Opioidrezeptoren
Die Bindung von Oxycodon an die Opioidrezeptoren führt zu einer Blockade der Schmerzweiterleitung im Gehirn und Rückenmark. Dadurch wird die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerzsignalen reduziert, was die schmerzlindernde Wirkung von Oxycodon erklärt. Oxycodon ist etwa doppelt so potent wie Morphin und kann daher bei mittelstarken bis sehr starken Schmerzen eingesetzt werden.
Nebenwirkungen auf das ZNS
Neben der analgetischen Wirkung kann Oxycodon auch das Zentrale Nervensystem (ZNS) beeinflussen. Mögliche ZNS-Nebenwirkungen sind Sedierung, Schwindel, Euphorie, Verwirrtheit und Atemdepression. Diese Nebenwirkungen resultieren ebenfalls aus der Bindung an Opioidrezeptoren im Gehirn und Rückenmark. Die Intensität dieser Nebenwirkungen hängt von der Dosierung ab und kann bei längerer Einnahme zunehmen.
Oxycodon Wirkung
Aufnahme und Abbau
Nach oraler Einnahme wird Oxycodon über den Magen-Darm-Trakt zu 42-87% resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration wird nach etwa 1-1,5 Stunden erreicht. Bei Retardtabletten erfolgt die Resorption zweiphasig, mit einer initial kürzeren Halbwertszeit von 0,6 Stunden für einen Teil der Dosis und einer langsameren zweiten Resorptionsphase über 6,9 Stunden. Oxycodon wird in Leber und Darm über das CYP450-Enzymsystem abgebaut und renal eliminiert. Die Halbwertszeit liegt bei 4-6 Stunden.
Wirkdauer
Die analgetische Wirkung von Oxycodon tritt nach etwa 60 Minuten ein und hält in der Regel 4 Stunden an. Es gibt jedoch auch Retardpräparate, deren Wirkung bis zu 14 Stunden anhält. Die Wirkdauer hängt von der Darreichungsform und Einzeldosis ab.
Wann wird Oxycodon eingesetzt?
Oxycodon gehört zu den sehr starken Schmerzmitteln und wird zur Behandlung von starken bis stärksten Schmerzen verwendet, die nur unter Einsatz von Opioiden adäquat therapiert werden können. Dazu zählen neuropathische Schmerzen bei Nervenschädigungen, Krebsschmerzen sowie postoperative, traumatische oder entzündliche Schmerzen. Oxycodon ist etwa doppelt so stark wirksam wie Morphin.
Neuropathische Schmerzen
Neuropathische Schmerzen, die durch eine Schädigung oder Erkrankung des Nervensystems verursacht werden, können mit Oxycodon behandelt werden. Aufgrund seiner starken analgetischen Wirkung ist Oxycodon ein wichtiges Medikament in der Therapie von Nervenschmerzen.
Krebsschmerzen
Oxycodon findet auch Anwendung bei der Behandlung von Schmerzen, die im Zusammenhang mit Krebserkrankungen auftreten. Die starke schmerzstillende Wirkung des Opioids kann Krebspatienten mit starken Schmerzen eine deutliche Linderung verschaffen.
Darreichungsformen von Oxycodon
Oxycodon ist in verschiedenen Darreichungsformen erhältlich, um den individuellen Bedürfnissen der Patienten gerecht zu werden. Die am häufigsten verwendeten Formen sind Retardtabletten, herkömmliche Tabletten und Kapseln sowie Lösungen zum Einnehmen.
Retardtabletten
Retardtabletten von Oxycodon zeichnen sich durch eine langsame und gleichmäßige Freisetzung des Wirkstoffs aus, wodurch eine längere Wirkdauer von bis zu 14 Stunden erzielt werden kann. Diese Darreichungsform enthält Oxycodon-Hydrochlorid in Dosierungen von 5 mg, 10 mg, 20 mg, 40 mg oder 80 mg.
Tabletten und Kapseln
Neben den Retardtabletten sind Oxycodon auch als herkömmliche Tabletten und Hartkapseln in Dosierungen von 5 mg, 10 mg oder 20 mg erhältlich. Diese Darreichungsformen setzen den Wirkstoff schneller frei und führen zu einer kürzeren Wirkdauer von etwa 4 Stunden.
Lösungen zum Einnehmen
Für Patienten, die Tabletten oder Kapseln nicht schlucken können, gibt es auch Lösungen von Oxycodon zum Einnehmen. Diese enthalten den Wirkstoff in Konzentrationen von 1 mg/ml oder 10 mg/ml und ermöglichen eine flexiblere Dosierung.
Dosierung von Oxycodon
Die Dosierung von Oxycodon muss individuell an die Schmerzintensität und Verträglichkeit des Patienten angepasst werden. Für opiatnaive Patienten beträgt die Startdosis in der Regel 10 mg alle 12 Stunden bei Retardpräparaten. Die Dosis kann dann schrittweise bis zur gewünschten Einnahme und Schmerzlinderung erhöht werden. Aufgrund des Suchtpotenzials sollte eine Oxycodon-Therapie nicht plötzlich beendet werden, sondern die Dosis langsam reduziert werden.
Darreichungsform | Startdosis | Steigerung | Maximaldosis |
---|---|---|---|
Retardtabletten | 10 mg alle 12 Stunden | Schrittweise Erhöhung | Individuell |
Tabletten/Kapseln | 5-10 mg alle 4-6 Stunden | Schrittweise Erhöhung | Individuell |
Lösung zum Einnehmen | 1-2 mg/kg Körpergewicht alle 4-6 Stunden | Schrittweise Erhöhung | Individuell |
Häufige Nebenwirkungen
Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen unter Oxycodon-Therapie zählen Verstopfung (Obstipation) und eine Verengung der Pupillen (Miosis). Diese Symptome resultieren direkt aus der spezifischen Wirkung des Opioids auf die Opioidrezeptoren im Körper.
Verstopfung und Miosis
Die Verstopfung tritt oft als unerwünschte Begleiterscheinung auf, da Oxycodon die Darmaktivität verringert. Die Miosis, also die Verengung der Pupillen, ist ebenfalls eine charakteristische Nebenwirkung, die durch die Bindung an Opioidrezeptoren im Gehirn ausgelöst wird.
Schwindel, Übelkeit und Erbrechen
Weitere häufige Nebenwirkungen sind Sedierung, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome resultieren aus der dämpfenden Wirkung des Oxycodons auf das Zentralnervensystem. Die Intensität dieser Nebenwirkungen kann im Laufe der Behandlung abnehmen, wenn sich der Körper an die Substanz gewöhnt.
Psychische Nebenwirkungen
Oxycodon kann auch das Befinden und die Psyche des Patienten beeinflussen. Häufig werden Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit, Verwirrtheit oder Euphorie beobachtet. Diese psychischen Nebenwirkungen sind ebenfalls auf die Wirkung des Opioids im Zentralnervensystem zurückzuführen. Bei längerem Gebrauch können sie zunehmen.
Seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen
Neben den häufigeren Nebenwirkungen können unter Oxycodon-Therapie auch seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Komplikationen auftreten. Dazu gehört insbesondere die Atemdepression, die durch die zentrale Wirkung des Opioids auf das Atemzentrum im Gehirn verursacht wird. Diese Nebenwirkung stellt eine medizinische Notfallsituation dar und erfordert ein rasches Eingreifen.
Atemdepression
Die Atemdepression ist eine der schwerwiegendsten Nebenwirkungen, die bei der Einnahme von Oxycodon auftreten kann. Sie resultiert aus der dämpfenden Wirkung des Opioids auf das Atemzentrum im Gehirn und kann lebensbedrohlich sein. In solchen Fällen ist eine sofortige medizinische Intervention erforderlich, um die Atmung des Patienten zu unterstützen.
Krampfanfälle
In seltenen Fällen kann die Einnahme von Oxycodon auch zu Krampfanfällen führen. Dies betrifft vor allem Patienten mit bereits bestehender Epilepsie oder erhöhter Krampfneigung. Die genauen Mechanismen hierfür sind nicht vollständig geklärt.
Anaphylaktische Reaktionen
Ebenfalls sehr selten, aber äußerst gefährlich, sind anaphylaktische Reaktionen, also schwere, lebensbedrohliche allergische Reaktionen, die unter Oxycodon-Therapie auftreten können. Sie erfordern eine sofortige medizinische Notfallversorgung.
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten
Bei der Einnahme von Oxycodon ist es wichtig, einige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten. Oxycodon kann die Wirkung von anderen zentral-dämpfenden Substanzen wie Beruhigungsmitteln, Muskelrelaxanzien, Antidepressiva oder Alkohol verstärken. Dies erhöht das Risiko für Nebenwirkungen wie Atemdepression. Daher sollte die gleichzeitige Einnahme solcher Wirkstoffe sorgfältig abgewogen werden.
ZNS-dämpfende Wirkstoffe
Die gleichzeitige Einnahme von Oxycodon mit anderen Substanzen, die das Zentrale Nervensystem (ZNS) dämpfen, kann die Wirkung beider Arzneimittel verstärken. Dies betrifft beispielsweise Beruhigungsmittel, Muskelrelaxanzien, Antidepressiva oder Alkohol. Das Risiko für Nebenwirkungen wie Atemdepression steigt dadurch erheblich. Eine sorgfältige Abwägung und Überwachung der Patienten ist in solchen Fällen unerlässlich.
CYP3A4-Inhibitoren und -Induktoren
Der Abbau von Oxycodon erfolgt über das Cytochrom-P450-Enzymsystem, insbesondere über CYP3A4. Hemmstoffe dieses Enzyms, wie bestimmte Antibiotika oder Antimykotika, können die Konzentration von Oxycodon im Körper erhöhen und somit die Wirkung verstärken. Umgekehrt können CYP3A4-Induktoren den Abbau von Oxycodon beschleunigen und die Wirkung abschwächen. In solchen Fällen muss die Oxycodon-Dosis entsprechend angepasst werden.
Antikoagulantien
Die gleichzeitige Einnahme von Oxycodon und Antikoagulantien (gerinnungshemmende Medikamente) kann das Blutungsrisiko erhöhen. Patienten, die beide Präparate einnehmen, müssen daher sorgfältig überwacht werden.