Mehr als 25 Millionen Verschreibungen pro Jahr – Amitriptylin ist eines der am häufigsten verordneten Antidepressiva weltweit. Dieses trizyklische Medikament wirkt nicht nur stimmungsaufhellend, sondern lindert auch Nervenschmerzen, Kopfschmerzen und sogar Bettnässen. Wie genau funktioniert Amitriptylin und was sollte man bei der Anwendung beachten?
amitriptylin wirkung, amitriptylin dosierung und amitriptylin nebenwirkungen – in diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige über das bewährte Antidepressivum Amitriptylin.
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Was ist Amitriptylin?
Amitriptylin gehört zur Wirkstoffklasse der trizyklischen Antidepressiva. Es beeinflusst die Konzentration der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im Gehirn, indem es deren Wiederaufnahme in die Ursprungszelle hemmt. Dadurch werden die Botenstoffe länger im synaptischen Spalt wirksam. Zusätzlich blockiert Amitriptylin verschiedene Rezeptoren im Gehirn, wodurch es auch eine schmerzlindernde, angstlösende und beruhigende Wirkung entfaltet.
Aufnahme, Abbau und Ausscheidung
Amitriptylin wird nach oraler Einnahme langsam, aber vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Die maximalen Wirkspiegel werden nach 1-5 Stunden erreicht. Der Wirkstoff wird in der Leber verstoffwechselt und anschließend hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Die Halbwertszeit beträgt etwa 25 Stunden, bis die Hälfte des Wirkstoffs aus dem Körper eliminiert ist.
Anwendungsgebiete von Amitriptylin
Amitriptylin ist zugelassen für die Behandlung von depressiven Erkrankungen, neuropathischen Schmerzen, chronischen Spannungskopfschmerzen, Migräne-Prophylaxe sowie Enuresis nocturna (Bettnässen) bei Kindern ab 6 Jahren. Darüber hinaus wird Amitriptylin off-label auch bei Aufmerksamkeitsdefizit-(Hyperaktivitäts-)Syndrom, Essstörungen, Tinnitus und Fibromyalgie eingesetzt. Die Anwendung erfolgt meist über einen längeren Zeitraum.
Anwendungsgebiet | Beschreibung |
---|---|
Depressive Erkrankungen | Amitriptylin wirkt stimmungsaufhellend und hat sich als bewährtes Antidepressivum etabliert. |
Neuropathische Schmerzen | Der Wirkstoff lindert die Schmerzintensität bei Nervenschmerzen. |
Chronische Spannungskopfschmerzen und Migräne | Amitriptylin kann die Häufigkeit von Kopfschmerzen reduzieren und wird zur Prophylaxe eingesetzt. |
Enuresis nocturna (Bettnässen) bei Kindern | Amitriptylin wird zur Behandlung von Bettnässen bei Kindern ab 6 Jahren eingesetzt. |
Off-Label-Anwendungen | Zusätzlich wird Amitriptylin auch bei anderen Erkrankungen wie ADHS, Essstörungen, Tinnitus und Fibromyalgie verwendet. |
Dosierung von Amitriptylin
Die Dosierung von Amitriptylin richtet sich nach der Indikation und dem Behandlungsziel. Dabei sind einige Besonderheiten zu beachten, um die optimale Wirkung zu erzielen und unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren.
Dosierung bei Depressionen
Bei der Behandlung von depressiven Erkrankungen beträgt die Anfangsdosis von Amitriptylin üblicherweise 50 mg pro Tag. Diese Dosis kann schrittweise bis maximal 150 mg pro Tag gesteigert werden. Die Einnahme erfolgt in der Regel zweimal täglich. Mit einer antidepressiven Wirkung ist in der Regel nach 2-4 Wochen regelmäßiger Einnahme zu rechnen. Um einen Rückfall zu vermeiden, sollte die Behandlung über mehrere Monate fortgeführt werden.
Dosierung bei neuropathischen Schmerzen und Migräne
Zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen und zur Migräne-Prophylaxe liegt die Anfangsdosis von Amitriptylin bei 10-25 mg pro Tag, meist als Einzeldosis am Abend. Die Dosis kann bei Bedarf auf maximal 75 mg pro Tag gesteigert werden. Die analgetische Wirkung setzt in der Regel nach 2-4 Wochen ein.
Dosierung bei Enuresis nocturna
Bei Kindern mit Bettnässen (Enuresis nocturna) beträgt die Dosis 10-20 mg pro Tag für Kinder von 6–10 Jahren und 25-50 mg pro Tag für Kinder ab 11 Jahren. Die Einnahme erfolgt 1-1,5 Stunden vor dem Schlafengehen. Die Behandlung sollte maximal 3 Monate dauern.
Gegenanzeigen und Vorsichtsmaßnahmen
Vor der Anwendung von Amitriptylin müssen bestimmte Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten.
Kontraindikationen
Amitriptylin darf nicht angewendet werden bei Patienten mit kürzlich erlittenem Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, schwerer Leberfunktionsstörung, Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff sowie bei gleichzeitiger Behandlung mit MAO-Hemmern. Auch Kinder unter 6 Jahren dürfen Amitriptylin nicht einnehmen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Die Anwendung von Amitriptylin sollte während der Schwangerschaft, insbesondere im ersten und letzten Trimenon, nur bei zwingender Notwendigkeit und nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Während der Stillzeit ist Amitriptylin kontraindiziert, da der Wirkstoff in die Muttermilch übergeht.
Nebenwirkungen von Amitriptylin
Wie bei den meisten Arzneimitteln können auch bei der Einnahme von Amitriptylin verschiedene Nebenwirkungen auftreten. Es ist wichtig, diese Nebenwirkungen zu kennen, um im Falle ihres Auftretens entsprechend reagieren zu können.
Sehr häufige Nebenwirkungen
Zu den sehr häufigen amitriptylin nebenwirkungen zählen Gewichtszunahme, Aggressionen, Schwindel, Benommenheit, erhöhte Herzfrequenz, niedriger Blutdruck, verstopfte Nase, Mundtrockenheit, vermehrtes Schwitzen, Harnverhalt und Müdigkeit, vor allem zu Beginn der Behandlung.
Häufige Nebenwirkungen
Weitere häufige amitriptylin nebenwirkungen sind Hyponatriämie, Miktionsstörungen, Hautausschläge, Durstgefühl, Libidoverlust, Impotenz und innere Unruhe. Bei älteren Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für delirante Syndrome.
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Wirkmechanismus
Amitriptylin hemmt die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin in die Nervenzellen, wodurch deren Konzentration im synaptischen Spalt erhöht wird. Zusätzlich blockiert der Wirkstoff verschiedene Rezeptoren im Gehirn, wie Acetylcholin-, Histamin- und Adrenozeptoren. Dadurch entfaltet Amitriptylin seine antidepressive, schmerzhemmende, angstlösende und beruhigende Wirkung.
Antidepressive Wirkung
Die erhöhte Verfügbarkeit der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt wird mit der antidepressiven Wirkung von Amitriptylin in Verbindung gebracht. Der stimmungsaufhellende Effekt setzt in der Regel nach 2-3 Wochen regelmäßiger Einnahme ein.
Schmerzlindernde Wirkung
Die schmerzlindernde Wirkung von Amitriptylin ist auf den Einfluss auf die Serotonin-Konzentration zurückzuführen. Serotonin spielt eine wichtige Rolle bei der Schmerzwahrnehmung im Gehirn, indem es eingehende Schmerzsignale filtert.
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
Amitriptylin ist ein Arzneimittel, das mit anderen Medikamenten interagieren kann. Dabei kann es sowohl zu einer Verstärkung als auch zu einer Abschwächung der Wirkung von Amitriptylin kommen.
Wirkverstärkung von Amitriptylin
Amitriptylin kann die Wirkung von Sympathomimetika, zentraldämpfenden Blutdrucksenkern sowie Anticholinergika verstärken. Auch die gleichzeitige Einnahme mit Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern, ist zu vermeiden, da dies das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöht.
Wirkungsminderung von Amitriptylin
Die Wirkung von Amitriptylin kann durch Arzneimittel, die seinen Abbau in der Leber beschleunigen, wie bestimmte Antimykotika oder andere Antidepressiva, verringert werden. Auch die gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern oder Alkohol kann die Wirkung von Amitriptylin beeinträchtigen.
Historisches und Hintergründe
Amitriptylin wurde 1960 erstmals synthetisiert und 1962 vom Arzneimittelhersteller Lundbeck unter dem Handelsnamen Saroten® als eines der ersten trizyklischen Antidepressiva auf den Markt gebracht. Bis zum Aufkommen der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer war Amitriptylin weltweit eines der am häufigsten verordneten Antidepressiva.
Amitriptylin als Goldstandard
Obwohl inzwischen andere Antidepressiva favorisiert werden, zählt Amitriptylin immer noch zu den am häufigsten verordneten Psychopharmaka in Deutschland. Es galt lange Zeit als Goldstandard unter den trizyklischen Antidepressiva aufgrund seiner gut belegten Wirksamkeit.
Absetzen von Amitriptylin
Beim Absetzen von amitriptylin können vielfältige Entzugssymptome auftreten, die von einer Rückkehr der Grunderkrankung abgegrenzt werden müssen. Charakteristisch sind ein rasches Auftreten innerhalb von 3–7 Tagen sowie eine spontane Rückbildung innerhalb von 2-6 Wochen.
Entzugssymptome erkennen
Zur Unterscheidung von amitriptylin-Entzugssymptomen hilft die Eselsbrücke „FINISH“: Flu-like symptoms, Insomnia, Nausea, Imbalance, Sensory disturbances, Hyperarousal. Im Gegensatz dazu setzt ein Rückfall der Grunderkrankung üblicherweise später ein.
Eselsbrücke FINISH
Die Eselsbrücke „FINISH“ kann dabei helfen, Entzugssymptome bei der amitriptylin-Behandlung zu erkennen und von der Rückkehr der ursprünglichen Erkrankung zu unterscheiden. Durch die Berücksichtigung dieser Aspekte können Patienten den Absetzprozess besser bewältigen.
Fazit
Amitriptylin ist ein bewährtes Antidepressivum, das neben der Behandlung von Depressionen auch bei neuropathischen Schmerzen, Kopfschmerzen und Bettnässen eingesetzt wird. Obwohl es inzwischen modernere Therapieoptionen gibt, zählt Amitriptylin aufgrund seiner guten Wirksamkeit immer noch zu den am häufigsten verordneten Psychopharmaka in Deutschland.
Bei der Einnahme und beim Absetzen von Amitriptylin müssen jedoch diverse Besonderheiten beachtet werden. So kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln kommen und beim Absetzen können vielfältige Entzugssymptome auftreten, die von einem Rückfall der Grunderkrankung abgegrenzt werden müssen.
Insgesamt bleibt Amitriptylin ein wichtiger Bestandteil der modernen Psychopharmakotherapie, dessen Einsatz aber immer individuell abgewogen werden muss. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient ist daher unerlässlich, um den maximalenTherapieerfolg bei geringstmöglichen Nebenwirkungen zu erzielen.