In den vergangenen Jahren hat medizinisches Cannabis in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen. Patienten, die an einer Krankheit oder anderen Beschwerden leiden, suchen nach Möglichkeiten, ihren Schmerz zu lindern und informieren sich in diesem Kontext immer häufiger über die Behandlung mit Cannabis.
Es ist demnach nicht verwunderlich, dass Cannabisprodukte, die in der Forschung schon lange ein Thema sind, nun auch in der öffentlichen Diskussion immer mehr Raum einnehmen.
Doch gerade dieser medizinische Fokus wirft immer wieder Fragen auf, zu denen es klare Antworten und eine sachliche Einordnung braucht.
Die rechtlichen Grundlagen der Behandlung mit Cannabis
Im März 2017 trat das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften in Kraft, das es Patienten in Deutschland ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu Cannabisarzneimitteln zu erhalten.
Entscheidend ist an dieser Stelle immer die medizinische Indikation und die sorgfältige Prüfung durch den behandelnden Arzt des Patienten. Nur der Arzt kann das Cannabis Rezept ausstellen.
Darüber hinaus ist die Frage der Kostenübernahme für viele Patienten entscheidend. Grundsätzlich gilt nach § 31 Abs. 6 SGB V, dass gesetzliche Krankenkassen die Behandlung mit Cannabisarzneimitteln übernehmen können, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, andere Therapieoptionen nicht ausreichend wirken und Aussicht auf eine Verbesserung der Symptome besteht.
Die erste Verordnung muss von der Krankenkasse genehmigt werden, was eine ausführliche Begründung durch den behandelnden Arzt erfordert. Nimmt man weitere Rezepte in Anspruch, ist der Prozess oft deutlich einfacher.
Die Kostenübernahme ist damit zwar rechtlich verankert, aber trotzdem an klare Bedingungen geknüpft. Grundsätzlich gilt, dass die Chancen auf eine erfolgreiche Kostenübernahme heute besser stehen als noch in den ersten Jahren nach der Gesetzesänderung, auch wenn die individuelle Begründung durch den Arzt nach wie vor entscheidend bleibt.
Wissenschaftliche Perspektiven und der Forschungsstand
Doch bei welchen Symptomen und Erkrankungen wird Cannabis aktuell überhaupt eingesetzt? Aktuellen Studien zufolge können die Arzneimittel vor allem bei chronischen Schmerzen und bestimmten neurologischen Erkrankungen sowie auch in der Palliativmedizin für Besserung sorgen.
Gleichzeitig betonen Fachgesellschaften, dass die Evidenz je nach Indikation unterschiedlich stark ausgeprägt ist.
Aktuelle Studien der Deutschen Schmerzgesellschaft heben hervor, dass die Wirkung von Cannabisarzneimitteln bei neuropathischen Schmerzen in mehreren randomisierten Studien als potenziell hilfreich beschrieben wurde. Allerdings sind weitere Untersuchungen erforderlich, um klare Behandlungsempfehlungen ableiten zu können.
Auch in der Onkologie wird das Thema weiter erforscht. Studien befassen sich dort konkret mit der Frage, wie Cannabisarzneimittel zur Unterstützung bei Chemotherapien eingesetzt werden können, zum Beispiel zur Linderung von Übelkeit.
Die Ergebnisse sind ermutigend, aber noch nicht in einem Maß abgesichert, dass sie für alle Patienten gleichermaßen empfohlen werden könnten.
Für die Patienten bedeutet das, dass ihnen der Zugang zum Cannabis nur über die ärztliche Beratung und das Ausstellen eines Rezept erteilt wird. Ärzte und Apotheker sind auch die wichtigsten Ansprechpartner, wenn es darum geht, sowohl den individuellen Nutzen als auch mögliche Nebenwirkungen abzuwägen.
Praktische Fragen aus Patientensicht
Patienten, die über eine Therapie mit medizinischem Cannabis nachdenken, stoßen im Alltag auf zahlreiche praktische Fragen, wie zum Beispiel die Unsicherheit darüber, welche Unterlagen beim Arzt vorgelegt werden müssen.
In der Regel genügt an dieser Stelle die ausführliche Krankenakte mit den bisherigen Diagnosen und Behandlungsversuchen. Der behandelnde Arzt braucht unter anderem Nachweise darüber, dass andere Therapien nicht ausreichend gewirkt haben oder bei diesem Patienten nicht angewendet werden können. Wichtig und hilfreich sind an dieser Stelle bisherige Arztberichte, Krankenhausentlassungsbriefe und auch Medikationspläne.
Ist das Cannabis Rezept einmal ausgestellt, stellt der Arzt einen formlosen Antrag mit Begründung zur Kostenübernahme an die zuständige Krankenkasse, da es keine automatische Kostenübernahme gibt.
Da Cannabisarzneimittel verschreibungspflichtig sind, können sie nicht einfach im Supermarkt gekauft werden, sondern werden nur von Apotheken und zugelassenen Cannabis Shops abgegeben.
Es empfiehlt sich, im Vorfeld telefonisch bei größeren Apotheken nachzufragen, ob die verschriebene Sorte vorrätig ist und sich auch Cannabis Shop Bewertungen durchzulesen, wenn man auf diesem Wege an sein Arzneimittel gelangt.
Natürlich hat jeder Patient ein individuelles Krankheitsbild mit individuellen Symptomen und einem speziell auf sie oder ihn zugeschnittenen Behandlungsplan. All diese Faktoren beeinflussen die Darreichungsform, da die Arzneimittel als Öle, Kapseln und Blüten verfügbar sind.
Die grundlegendsten Unterschiede bestehen in der Wirkgeschwindigkeit, der Dosierbarkeit und der individuellen Verträglichkeit. Blüten wirken beim Inhalieren schneller, während Öle und Kapseln über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden und langsamer, aber oft länger anhaltend wirken. Aus diesem Grund lassen sich Letztere genauer dosieren, doch tatsächlich vertragen manche Patienten die Blüten besser.
Grundsätzliche Informationen zu diesen Unterschieden stellt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereit, die konkrete Auswahl erfolgt jedoch in Absprache mit Arzt und Apotheker.
Besonders wichtig ist auch das Thema Verkehrstüchtigkeit. Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat gilt, dass Patienten, die Cannabisarzneimittel bestimmungsgemäß nach ärztlicher Verschreibung einnehmen, rechtlich anders zu bewerten sind als Personen, die Cannabis ohne medizinischen Hintergrund konsumieren.
Trotzdem sollten Patienten gemeinsam mit ihrem Arzt klären, ob die Teilnahme am Straßenverkehr möglich und verantwortbar ist.
Wer diese Punkte und etwaige Unsicherheiten mit seinem Arzt klärt, bevor das Rezept ausgestellt wird, kann dazu beitragen, die Behandlung reibungslos zu gestalten.
Die aktuelle Datenlage, Entwicklungen und Orientierungshilfen
Neben der wissenschaftlichen Perspektive spielen auch Transparenz und Qualitätssicherung eine Rolle. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2024 in Deutschland über 25 Tonnen Cannabis für medizinische Zwecke importiert – mehr als doppelt so viel wie noch 2020. Diese Zahlen verdeutlichen den wachsenden Bedarf und die zunehmende Akzeptanz im medizinischen Alltag.
Auch die Zahl der verschreibenden Ärzte ist gestiegen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben im Jahr 2024 rund 15.000 Ärzte in Deutschland Cannabisarzneimittel verordnet.
Neben Schmerztherapeuten, die traditionell zu den häufigsten Verordnern zählen, finden sich immer häufiger auch Neurologen, Palliativmediziner und Onkologen unter den verschreibenden Fachärzten. Selbst Hausärzte greifen in einzelnen Fällen auf Cannabisarzneimittel zurück, wenn die anderen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
Ein Blick auf die Entwicklung in anderen europäischen Ländern zeigt ebenfalls, dass Deutschland mit der steigenden Zahl an Patienten nicht allein steht. In Italien und den Niederlanden wird medizinisches Cannabis schon seit Jahren eingesetzt und auch dort steigt die Zahl der Verordnungen ständig. Heute gehört auch Deutschland zu den größten Märkten Europas.
Zukunftsperspektiven für den verantwortungsvollen Umgang
Medizinisches Cannabis ist in Deutschland also ein ernstzunehmender Bestandteil der Versorgung geworden. Gleichzeitig bleibt es ein Bereich, in dem Forschung und klinische Erfahrung stetig wachsen müssen.
Deshalb gilt für Patienten, dass eine fundierte Entscheidung voraussetzt, dass man sich umfassend informiert und die ärztliche Beratung in Anspruch nimmt.
Auch die Entwicklung der Verordnungszahlen zeigt, dass das Thema immer stärker im Gesundheitswesen verankert wird. Dennoch bleibt die Botschaft unverändert. Cannabisarzneimittel sind nach wie vor keine Lifestyle-Produkte, sondern verschreibungspflichtige Medikamente, deren Einsatz verantwortungsvoll geprüft werden muss.
Für die Zukunft ist zu erwarten, dass weitere Studien neue Erkenntnisse liefern werden, und zwar nicht nur zu Wirksamkeit und Sicherheit, sondern auch zu optimalen Dosierungen und neuen Anwendungsgebieten. Patienten, die weitere Fragen haben, sollten sich an ihren Arzt oder Apotheker wenden.