Der Begriff Microdosing wurde in der Tech-Szene von Silicon Valley populär und wird mit Kreativität, Leistungsfähigkeit und Produktivität in Verbindung gebracht. Dahinter steckt die Einnahme psychedelischer Substanzen wie LSD oder Psilocybin in homöopathischen Dosen. Psychedelische Drogen sind für ihren halluzinogenen Effekt bekannt, in kleinen Mengen genutzt, soll die Wirkung aber deutlich anders ausfallen.
Studien stehen noch am Anfang, Erfahrungsberichte fallen aber überwiegend positiv auf. Es bleiben jedoch Fragen offen. Wie genau funktioniert Microdosing? Welche Effekte hat es auf das Gehirn und gibt es potenzielle Risiken?
Die Wirkung von LSD auf das menschliche Gehirn
Lysergsäurediethylamid, wie LSD ausgeschrieben heißt, gehört zu den Halluzinogenen. Es wirkt primär auf das serotonerge System des menschlichen Gehirns. Der Neurotransmitter Serotonin ist für unsere Stimmung, Wahrnehmung und verschiedene kognitive Prozesse verantwortlich. LSD dockt an die Serotonin-Rezeptoren an, hier ist vor allem der 5-HT2A-Rezeptor von Bedeutung. Dieser ist für Wahrnehmungsprozesse und kognitive Funktionen verantwortlich.
In normalen oder hohen Dosen führt die Einnahme von LSD zu starken Halluzinationen, veränderter Zeitwahrnehmung und psychotischen Erlebnissen. Beim Microdosing bleibt der Einfluss deutlich subtiler. Nutzer berichten von einer verbesserten Konzentration, starker Motivation oder einem Booster für Kreativität. Da sie LSD legal kaufen und als Microdosis nutzen können, ist das Phänomen aus Silicon Valley längst nach Europa geschwappt.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist noch nicht ganz klar, wie LSD in Microdosen auf das menschlieh Gehirn wirkt. Es gibt Theorien die besagen, dass die neuronale Plastizität gesteigert wird. Darunter verstehen die Experten eine Fähigkeit des menschlichen Gehirns, bei denen neue Verbindungen gebildet werden. Andere wiederum sind überzeugt, dass LSD in kleinen Dosen die Wahrnehmung verbessert und den Fokus maximiert. Was genau zutrifft, wird erst die Zeit zeigen, da noch viel Forschungsarbeit nötig ist.
So funktioniert Microdosing in der Praxis
Beim Microdosing nehmen Nutzer eine psychedelische Substanz in winzigen Mengen ein und verhindern, dass sich das Bewusstsein verändert. Die klassische Microdosis liegt irgendwie zwischen einem Zehntel bis einem Zwanzigstel der üblichen Dosis.
Für LSD wäre das eine Menge zwischen fünf und 15 Mikrogramm, für Magic Mushrooms hingegen (Wirkstoff Psilocybin) wären es 0,1 bis 0,3 Gramm. Die Mengen sind so gering, dass es keine visuellen Halluzinationen oder Wahrnehmungsverzerrungen gibt. Stattdessen behaupten Anwender, dass sie die positiven Effekte von Psychedelika ohne den intensiven Rausch erfahren.
Zu den Einnahmezyklen gibt es keine festen Anleitungen, da sie nur auf Erfahrungswerten basieren. Zwei populäre Anwendungsmethoden sind:
- Das Fadiman-Protokoll: Es wurde nach dem bekannten Psychologen James Fadiman benannt und sieht vor, alle drei Tage eine Microdosis zu nutzen. Einnahme – Pause – Pause – Einnahme ist das Konzept, mit dem eine Toleranzentwicklung verhindert werden soll.
- Das Stamets-Protokoll: Dieses Konzept entwickelte der Mykologe Paul Stamets für die Nutzung von Psilocybin. Es wird an fünf Tagen eine geringe Menge des Pilzes mit Vitamin B3 und Löwenmähnen-Pilz eingenommen, anschließend erfolgen zwei Tage Pause.
Die Einnahme selbst muss bei beiden Protokollen morgens erfolgen, da Microdosis stimulieren soll und dadurch den Schlaf stört.
Hype um Microdosing wegen gesteigerter Konzentration
Die schnelle Verbreitung von Microdosing basiert vor allem darauf, dass Menschen auf natürliche Leistungssteigerung hoffen. Anwender berichten von einem besseren Fokus, mehr emotionaler Stabilität und Kreativität. Das ist in Berufsbereichen mit kreativer Problemlösung sehr wichtig, und so wurde der Griff zur scheinbar mentalen Unterstützung publik.
Ein Argument der Nutzer: Anders als Koffein oder Medikamente wie Ritalin soll Microdosing weder Herzrasen noch Unruhe auslösen. Stattdessen fühlen sich viele Anwender konzentrierter, dabei aber auch gelassener. Forscher untersuchen, ob es positive Effekte bei Angststörungen, ADHS bei Erwachsenen oder Depressionen haben könnte. Beweise dahingehend gibt es bislang aber nicht.
Rauschfreie Selbstoptimierung made by Silicon Valley
Wie schon erwähnt war es die Tech-Szene von Silicon Valley, die Microdosing publik gemacht hat. In der dortigen Arbeitskultur steht Produktivität für Erfolg und es ist schon fast zwingend, nach Möglichkeiten zu suchen, die zu mehr kognitiver Stärke führen. Microdosing gilt dort als die Biohacking-Methode. Das ist eine Möglichkeit, das Gehirn in einen besseren Zustand zu versetzen und dabei Abstand von Aufputschmitteln und Medikamenten zu halten.
Auch viele Künstler, Musiker und Schriftsteller haben kleine Dosen LSD für sich entdeckt. Denkblockaden lösen, neue Ideen entwickeln und Nervosität abbauen ist in der Kreativbranche von großer Bedeutung.
Wichtig: Das alles klingt vielversprechend, basiert aber bislang nur auf subjektiven Erfahrungsberichten. Es braucht noch wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, einen garantierten Erfolg gibt es nicht.
Potenzielle Risiken von Microdosing
Auf den ersten Blick wirkt die Idee des Microdosings harmlos. Ein paar Punkte sind aber trotzdem wichtig, und darüber sollte sich jeder Anwender im Klaren sein.
- Die rechtliche Grauzone: Klassisches LSD ist in den meisten Ländern illegal. Es braucht seriöse Derivate, die nicht auf der BTM-Liste zu finden sind. Hier müssen sich Anwender im Vorfeld genau informieren.
- Mangelnde Langzeitstudien: Erste Studien klingen vielversprechend, Langzeitdaten stehen aber noch aus. Es ist unklar, welche Auswirkungen regelmäßiges Microdosing haben kann. Vorsicht bei der Anwendung und regelmäßige Pausen sind daher wichtig.
- Individuelle Reaktionen: Jeder Mensch reagiert anders auf Substanzen. Manche Nutzer berichten von positiver Stimmung und verbesserter Konzentration, andere wiederum von Unruhe, Angstzuständen oder Kopfschmerzen. Menschen mit einer Neigung zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Schizophrenie haben möglicherweise ein höheres Nebenwirkungspotenzial.
- Gewöhnungseffekt: Theoretisch wäre die Entwicklung einer Toleranz möglich, wobei es hierfür bislang keinen Beweis gibt. Einnahmepausen sollen das in der Praxis verhindern, verlässliche Daten wird es aber erst bei mehr durchgeführten Forschungen geben.
Fairerweise muss gesagt werden, dass nicht nur bei Themen wie Microdosing Langzeitstudien fehlen. Nahezu jedes Medikament, dass in den Umlauf gebracht wird, wurde nur über einen bestimmten Zeitraum getestet. Ob es Spätfolgen gibt, ist vor der Einnahme nie zu 100 % klar. Bisherige Forschungen liefern aber zumindest bezogen auf Depressionen und Angststörungen bereits positive Ansätze für noch weitere Untersuchungen.
Vernünftige Einschätzung von Halluzinogenen
Der Umgang mit Halluzinogenen führt zu Unsicherheiten. LSD ist in Verruf geraten, obwohl es schon vor Jahren Forschungsergebnisse gab, die auf eine positive Wirkung bei Depressionen hindeuteten. LSD war zufällig gefunden worden, sollte dann als kreislaufstärkendes Mittel in den Umlauf kommen. Da es immer wieder als Aufputschmittel und Droge missbraucht wurde, erfolgte schließlich ein flächendeckendes Verbot. Die positive Wirkung wird nun wieder relevanter, allerdings ist eine vernünftige Einschätzung wichtig. Keine Substanz vollbringt Wunder, ob Medikament oder auch LSD. Selbst wenn sich Microdosing langfristig als positives Hilfsmittel für die kognitiven Fähigkeiten beweist, wird es nicht den Status eines Wundermittels einnehmen.